Ach du dickes Land-Ei!

Ach, Sie sind das! Ihnen geht bio und öko links an der Hüfte vorbei! So geht’s aber nicht, denn bio, öko und all das, was mit Land und so zu tun hat, ist heutzutage ein absolutes Muss. Schauen Sie sich doch mal in der Zeitschriftenabteilung Ihres Supermarktes um: Wozu bietet man Ihnen dort wohl Zeitschriften wie LandLiebe, LandLust, Mein schönes Landhaus, LandKind, LandIdee und wie sie sonst noch titeln an? Ganz bestimmt nicht, um dran vorbeizugehen! Wozu locken die wohl mit Hochglanzfotos und zeigen Ihnen in den schönsten Farben, wie das Landleben ganzjährig das Nonplusultra des Lebens ist?

Wenn Sie diese Magazine echt mal unter die Lupe nehmen, stellen Sie schon beim flüchtigen Durchblättern fest, dass der Bauer kein ungehobelter Klotz mit schmuddeligen Klamotten und ungepflegten Fingernägeln mehr ist. Er hat irgendwas mit agrar studiert, ist mega umweltbewusst trägt Klamotten aus ökologisch hergestellter Bio-Baumwolle, ist ein smarter Drei-Tage-Bart-Typ. Der heutige Landmann ist dem drahtig-kernigen Marlboro-Mann von einst auf seinem Mustang absolut ähnlich, nur ohne qualmendem Glimmstängel eben.

So ziemlich jedes mit „Land“ kombinierte Wort ist der absolute Renner und löst einen totalen Hype aus – allerdings nur dann, wenn es positive Assoziationen hervorruft.

Der Landregen ist sozusagen nur dann gut, wenn er dem Land, dem Vieh und der gesamten Vegetation, ja selbst dem kleinsten Mistkäfer guttut und bestenfalls nachts vom Himmeln prasselt. Aber bitte nicht zu heftig, so dass er womöglich Landstraßen, ganze Landstriche überschwemmt und somit zur Landplage wird, landauf, landab Land unter verursacht und die längst geplante Landpartie am Wochenende ins Landhaus deshalb ins Wasser fällt! Schließlich will die Familie die herrliche Landschaft, die frische Landluft schon beim Frühstück mit dem Fünf-Minuten-Landei genießen und danach Stadt-Land-Fluss mit den Kindern spielen. Abends gönnt man sich den Landsknecht-Spieß im Landgasthaus und nach  Pudding aus Landeiern und frischer Landmilch spendiert der Landgastwirt einen landschaftsüblichen Doppelkorn. Unterm ländlichen Sternenhimmel und vorbei am Ackerland des benachbarten Öko-Bauernhofes geht’s heim und vorm Einschlafen blättert man noch zufrieden in der neuesten Ausgabe der Landliebe und glücklich und zufrieden fallen einem die Augen zu.

Morgens schickt man die Kinder zur Landbäckerei gleich neben dem Hofladen, um duftende Landbrötchen zu kaufen und inzwischen verwandeln Sie den rustikalen Tisch auf der Gänseblümchen-Wiese in ein Schlaraffenland mit Butter, Milch, Honig, von Oma in Handarbeit hergestellter Marmelade, Käse und das alles natürlich aus regionalem oder gar eigenem Anbau und von glücklichen und freilaufenden Tieren. Diese Idylle vermittelt Ihnen jedenfalls die Landliebe.

Kein Landstreicher stört das Glück, keine Abgase verpesten die Luft, dieses märchenhafte Landleben ist einfach ein Traumland, in dem es sich wie bei Alice im Wunderland anfühlt und Sie überlegen ernsthaft eine konstante Landpomeranze zu werden, die der großen Stadt die kalte Schulter zeigt, um für immer………..!

Das Telefon klingelt. Sie erwachen abrupt aus Ihrem Tagtraum. Außerdem schubst Ihnen jemand einen Einkaufswagen in die Kniekehle und sagt: „Nun machen Sie mal ein bisschen hinne, oder brauchen Sie ne Extraeinladung? Wenn Sie telefonieren wollen, lassen Sie mich aber mal vor – ick hab’s eilig!“

25.07.2017