Mit Röst-Aromen zurück in die Vergangenheit

Es duftet nach frisch gemahlenem, aufgebrühtem Kaffee und frisch gerösteten Kaffeebohnen. Eine Geruchsmischung wie früher bei Oma Else in der Küche in den Sechziger Jahren am Sonntag.

Das altmodische Ambiente des historischen Industriebaus scheint aus der Zeit gefallen. Damals, als der Kaffee noch ein teures und seltenes Genussmittel war, das absolut nicht für jeden erschwinglich war. Reklameschilder aus Blech, die einen Ozeandampfer zeigen, vor dem ein Kapitän mit einer dampfenden Tasse Kaffee steht, hängen an den Wänden und stehen neben Kaffee, Kakao, Trinkschokolade und Schokolade in den Holzregalen. Kaffeemühlen aus Omas Küche, Kaffeefilter, Kannen, Tassen und modernste Kaffeemaschinen – alle im trauten Einklang aus der guten alten Zeit mit dem neuesten Chichi von heute.

Hinter der Theke ist die Rösterei. Eine Mischung aus Nostalgie und HighTech vermutlich. Passt zu den rumstehenden Kaffeesäcken, die heute sicherlich nicht mehr genutzt werden, aber perfekt zur Deko dieses Ortes passen.

Vor dem Café posierte gerade ein Brautpaar bei stürmischem Wind vor der Industrie- und Hafenbahn-Kulisse und die Sonne am blauen Himmel strahlte wesentlich mehr als die Zwei in edler Robe.

„Wollen wir mal wieder nen echt leckeren Kaffee trinken gehen?“ hatte mein Mann mich gefragt. Schnell waren wir uns einig, dass wir zum Bremer Holzhafen zu Lloyd-Kaffee fahren und ich freute mich auf einen Latte Macchiato der Spitzenklasse.

Im Café war’s noch ziemlich leer. Lediglich zwei Korbstühle waren mit Zeitungslesern besetzt, die zwischendurch genüsslich Kaffee schlürfen. Einige andere Tische sind eingedeckt – es werden also Gäste erwartet.

Während ich all das auf mich wirken lasse, bestellt mein Mann einen Latte für mich und entscheidet sich selbst für einen großen Milchkaffee und einem Stück selbstgebackenen Apfelkuchen.

Ein Pärchen betritt die gelungene Kombination aus Rösterei, Industriemuseum, Verkaufsraum und Café. Sie schaut auf die Uhr, er schaut sich um. Sie fotografiert, er läuft nervös hin und her. Sie warten und reden, dann telefoniert sie und beide warten weiter.

Aha, ein Kaffeeseminar soll stattfinden und das verzögert sich! Deshalb also die eingedeckten Tische, das Verhalten der Zwei – sie warten vermutlich auf weitere Mitstreiter.

Wir genießen unseren Kaffee und das Ringsherum und nach und nach kommen mehr und mehr Gäste. Aber auch Kunden, die Kaffee oder anderes aus dem reichhaltigen Angebot kaufen. Fast wie früher bei Tante Emma im Laden, nur die Türklingel fehlt, die bei jedem Auf- und Zumachen läutet. Eine Atmosphäre zum Innehalten, eine längst vergessene Stimmung, eben wirklich eine Zeitreise zurück in die Vergangenheit.

Das Kaffeeseminar beginnt. Die Protagonistin begrüßt ihre an Kaffee interessierte Gruppe. Sie erläutert den Ort, warum und wieso dort, was es mit dem Kaffee und dem Handel auf sich hat und viel Wissenswertes sowieso. Nach dem auch die Frage beleuchtet wurde, wer das denn alles „erfunden“ hat, geht’s für die Seminarteilnehmer außerhalb des Cafés auf Entdeckungsreise.

Auch wir müssen weiter. Nach dem dritten Kaffee auch genau die richtige Zeit, zu bezahlen und den Nachmittag in der Sonne zu genießen.

20.08.2017