Worte sind scheinbar wie Dinosaurier oder andere Tiere, die die Welt verlassen haben. Manche haben das Zeitliche gesegnet, sind ausgestorben, es gibt sie einfach nicht mehr. Aus. Ende. Weg und vorbei! Vielleicht hat sie niemand mehr gebraucht. Wie heißt es immer: alles hat seine Zeit. So ist das mit Worten eben auch, sie kommen aus der Mode, sie sterben wie das meiste um uns herum und nur in den seltensten Fällen erleben sie eine Renaissance.
Ende des 18. Jahrhunderts verwendete Johann Wolfgang von Goethe eine deutsche Sprache, die heute so nicht mehr gesprochen und geschrieben wird.
Ein halbes Jahrhundert später begeistert Theodor Fontane mit seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg seine Fans mit seinem Schreibstil, seiner Leichtigkeit, seinen wundervoll-natürlichen Beschreibungen, und zwar bis heute.
Gleich Anfang 1900 wurde Thomas Mann bekannt und berühmt. Er war ein Könner und Kenner der deutschen Sprache, ein Jongleur mit Worten wie sonst kaum einer. Er debütierte mit der Familiengeschichte der Buddenbrooks aus Lübeck, für die er Jahre später mit dem Literaturnobelpreis geehrt wurde.
Alle Drei wählten Worte, Begriffe, Ausdrücke die heute so gut wie vergessen sind. Sie nahmen ihre Leser mit in ihre Welt, beschrieben akribisch genau die Personen, ihre Mimik, Figur und Kleidung, die Landschaften, die Jahreszeiten, die Wohnungseinrichtungen, das Mobiliar im Salon, Kinderzimmer und das knisternde Herdfeuer in der Küche.
Das Lesen dieser Lektüre beschäftigte schon damals alle Sinne des Lesers, führte ihn in die Welt des Schreibenden, des Erzählers, lässt ihn Farben und Düfte mitfühlen, Stimmungen nachempfinden, führt ihn in fremde Welten.
Heute tun das bunte Fotos in den Zeitungen, beschreibt der Radio-Mann wortgewandt das zu Berichtende und Film- und Fernsehkameras lassen uns live an allem teilhaben. Wir müssen unsere Sinne nicht mehr bemühen, unsere Fantasie kann sich beruhigt schlafen legen! Außerdem haben wir durch Reisen in fremde Länder all das, was der Autor uns auf vielen Seiten beschreibt, schon mit eigenen Augen gesehen und selbst mit der Nase gerochen.
Wetten, dass viele jüngere Menschen deshalb auch alte Bücher der großen Meister im Ikea-Bücherregal bei Oma und Opa unbeachtet lassen?
Außerdem kann man die Buddenbrooks nicht einfach so lesen, wenn es ringsherum lärmt, Handys bimmeln, das Quietschen der Bahn ablenkt, Flugzeuge laut aufheulend starten, das Radio dudelt und der Fernseher läuft.
Aber man kann sich auch vorlesen lassen. Hörbücher gibt’s wie Sand am Meer. Drum Stöpsel in die Ohren, Taste drücken und der sonoren Stimme lauschen. Etliche bekannte Schauspieler und ihre Kolleginnen bereitet das Vorlesen Freude und sie sind von den alten Meistern ebenso fasziniert wie ihre Zuhörer.
Diese Variante des Lesens und des Zuhörens ist eine ganz tolle, die vielleicht am Ballermann nicht klappt, aber im Strandkorb auf Sylt, im Liegestuhl am Pool, nach dem Picknick auf der Gänseblümchenwiese dafür aber umso besser.
Und mit Johannes Mario Simmel und seinem Geheimagenten Thomas Lieven im Ohr läuft’s in der Küche und mit neuen alten Rezeptideen übrigens auch bestens. Denn: Es muss nicht immer Kaviar sein, war bereits Anfang der 1960er Jahre der absolute Knaller!
13.07.2018