Kennen Sie aus der Fernsehwerbung – stimmt’s? Attraktive junge Frauen in Model-Qualität und sportlich-kernige Männer mit James-Dean-Blick flimmern über den Bildschirm. Sie alle haben bereits ihr Glück gefunden oder sind nur noch einen klitzekleinen Mausklick von der großen Liebe entfernt.
Parshippen heißt das Zauberwort. Dafür gibt’s Single-Börsen und Dating-Agenturen und Dating-Apps, und zwar wie Sand am Meer. Sie heißen Tinder, Badoo, Lovoo, Jaumo, Parship, LoveScout24 oder Elitepartner. Für jede Altersklasse, jeden Intelligenzgrad und Geldbeutel haben sie was in petto und nichts ist unmöglich – versprechen sie jedenfalls.
Der moderne Mensch geht nicht mehr zum Tanztee am Sonntagnachmittag bei Sonne, Regen, Wind und Wetter ins Café. Und der Herr verbeugt sich auch nicht mehr vor der Dame seiner Wahl und stottert ein zaghaftes „Darf-ich-bitten?“, wenn das Salon-Orchester aufspielt. Damals ging man beim Tanzen auf Tuchfühlung, man tastet sich vorsichtig verbal und physisch ans Gegenüber! So funktionierte Kennenlernen und schüchterne Kontaktaufnahme früher. Das ist mittlerweile was für die ewig Gestrigen und Internet-Verweigerer!
Heute taucht man ins World Wide Webs ab, das ist in! Partnersuche via Internet per App und was es sonst noch so gibt! Das ist schnell, zeitgemäß und bequem. Kann man im Schlabberlook vom Sofa aus betreiben, muss weder auf Chips noch Getränke verzichten, funktioniert bei Wind und Wetter, kostet zwar Geld, macht aber glücklich, wenn’s denn mit einer neuen Liebe klappt und ist möglicherweise die Erfüllung für jeden, der auf der Suche nach Zweisamkeit ist. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg!
Wenn alle Formalien mit der Dating-Agentur unterschrieben sind, geht’s ans Outen – also Profil entwickeln! Persönliche Angaben und Wünsche sind das A und O.
Wenn Sie eine hochgewachsene Bohnenstange im vorgerückten Alter sind, sollte der Computer das ebenso wissen, wie die eventuelle Tatsache, dass Sie eine Vorliebe für kleinwüchsige Partner mit Dolly Buster-Figur, besten französisch Kenntnissen, Fernreisen, Burger-King-Restaurants und Schuhgröße 44 haben. Akademische Titel sollten nicht unerwähnt bleiben und ob ein heißer Flirt gesucht wird und der Wunschgefährte ebenfalls Bock auf Traualtar, Häuschen im Grünen und Kinder hat.
Kenner der Szene beteuern immer wieder, dass es total wichtig ist, wahrheitsgemäße Angaben zu machen, weil die Enttäuschung sonst immens groß sein könnte, wenn’s dann beim ersten Echt-Date voll in die Hose geht.
Wenn der Computer das Profil mit allem Drum und Dran sorgfältig eingespeist, bearbeitet und kräftig in den Tiefen seiner Angebote gesucht hat, flattern schon bald die ersten passrechten Offerten aufs Smartphone, Tablet oder auf den Laptop-Bildschirm.
Irgendwie ist die Vorgehensweise genauso, als würden Sie bei Tchibo, Amazon, Lidl oder anderswo auf den Internetseiten einen bestimmten Suchbegriff auf die Reise schicken, um Ihren Wunschartikel zu finden.
Überall, wo immer man auch ist, kann man dann auch die neuen Partnervorschläge checken. Beim Warten auf dem Bahnhof, beim Vor-die-Laterne-Laufen in der Fußgängerzone, beim Spaziergang mit Bello, bei der Sitzung auf dem stillen Örtchen, am Arbeitsplatz – überall ist eben überall und funktioniert, bis der Akku in die Knie geht oder das Funkloch zuschlägt.
Lediglich mit dem Liefern nach der getroffenen Produktauswahl ist es etwas anders: Da klingelt nämlich kein Bote von UPS, DHL oder einem anderen Lieferando-Service an der Tür, um Ihnen die auserwählte Ware an die Haustür zu bringen.
Jetzt müssen Sie schon selbst aktiv werden! Zunächst gilt es, eine Auswahl zu treffen, mit wem man sich was vorstellen könnte und dann erfolgt die Kontaktaufnahme – dann das Verabreden! Aufkrücken, flott herrichten, zurechtmachen und schließlich den verabredeten Treffpunkt mutig und mit klopfendem Herzen aufzusuchen.
Dann wird sich rausstellen, ob der Computer seine Arbeit gut erledigt hat, oder ob sein Algorithmus zu wünschen übriglässt.
Doch wundern tut‘s doch niemanden heutzutage mehr, dass auch die Liebe in die moderne Technik Einzug gehalten hat – oder? Denn wer seine Kochbox per Mausklick bei Edeka & Co. bestellt, seine Bankgeschäfte während der Pinkelpause auf dem Autobahnrastplatz mit seinem Smartphone erledigt, seine Urlaubsreise am Badesee bucht, der kann doch auch seine Herzensangelegenheiten auf diese Art erledigen.
PAARSCHIPPEN
Doch sollte es mit dem parshipping im weltweiten Netz nicht funktionieren, bleiben noch immer die ganz konventionelle Möglichkeiten, wie z. B. die Kleinanzeige im Wochenblatt oder einfach mal in der Nachbarschaft Ausschau halten.
09.03.2019