Tigi im Zirkus

Derzeit gastiert in unserem Dorf ein Zirkus und beim Vorbeifahren haben wir nicht nur das Plakat sondern auch die aufgebauten Zelte gesehen. Tigi war mit im Auto, denn wir wollten gemeinsam einen Ausflug machen. Aus dem wurde nun nichts mehr, denn er wollte unbedingt alle Tiere ansehen, in die Vorstellung gehen und das – wie sollte es auch anders sein – sofort!

„Tigi, nimm deine Tarnkappe mit“, ermahnte mein Mann ihn. Er maulte und zeterte, denn schließlich seien dort alles wilde Tiere, da brauche er die doofe Mütze nicht! Mühsam überzeugten wir ihn vom Gegenteil und nun endlich konnten wir Karten kaufen und im großen Zelt Platz nehmen.

Die beiden Clowns waren schon mächtig zugange und trieben zur Freude des Publikums und besonders der anwesenden Männer und Kinder ihre ulkigen Späße. Als nächstes kletterten sechs Artisten auf die Hochseile, vollbrachten die tollsten Kunststücke, pendelten auf der Schaukel in schwindelnder Höhe hin und her und schon beim Zusehen bekam ich Höhenangst. Wo ist Tigi? Ich schubse meinen Mann an: „Wo ist das Vieh?“ raune ich ihm zu. Der kapiert erstmal gar nicht, was ich meine und guckt mich etwas verwirrt an. „Tigi ist weg! Nur seine Kappe liegt hier auf dem Sitz!“ Wir springen auf, hangeln uns durch die Stuhlreihen und landen geradewegs am Seitenausgang der Manege. Hinterm Vorhang hören wir schon laute, aufgeregte Stimmen. Es herrscht scheinbar Hektik und einige Tiere geben ängstliche Laute von sich, während andere nur mal kurz brummen oder fauchen.

Für uns heißt es jetzt: Vorhang auf und durch – ab hinter die Kulissen! Tigi unterhält sich gerade im lässigen Plauderton mit drei Elefanten und einer Giraffe. Er lädt gerade alle zu uns nach Hause ein. Die Giraffe sucht in ihrem Terminkalender nach freien Terminen und schnell ist einer gefunden, der auch den Dickhäutern genehm ist. Dann löst sich die kleine Gruppe auf, denn das Signal zum Auftritt ertönt und schon sind sie weg.

Da entdeckt Tigi Verwandtschaft und flitzt wie besengt los und fällt der gertenschlanken Tigerdame um den Hals. „Tante Elfriede, dass ich dich hier treffen! Das gibt es doch gar nicht! Was machst Du denn hier?“ Die hübsche Tigerin ist zunächst erschrocken, dann verblüfft und schließlich erkennt sie Tigi. Sie klimpert mit den langen Wimpern, sieht ihn verlegen an und ihr kullert eine große Träne übers Gesicht. „Tigi, bist du es wirklich?“ haucht sie zart in seine Richtung. Sie fallen sich beide in die Arme und herzen sich lange. Dann will Tigi von ihr wissen, was sie beim Zirkus macht, wie sie dahin gekommen ist, ob es ihr gut geht und, und, und. Die Fragerei ist genau wie bei uns Menschen, stellen wir fest.

Doch Elfriede erzählt so einiges aus ihrem Leben. Es gab Zoff mit den Eltern, weil sie eine so genannte Affäre mit einem Löwen hatte. Ringo war sein Name und er war ein Asylant, der irgendwo aus der Serengeti nach Indien kam. Toller Typ der Ringo, aber eben kein Kerl zum Heiraten und im Dorf mochte man ihn auch nicht. Also brannte Elfriede mit ihm durch und sie setzten sich nach Europa ab und gelangten mit einem Viehtransporter nach Norddeutschland. Jobs haben sie keine gefunden, gingen aber zur Tiervermittlung und gerieten so an einen Zirkusagenten, der sie auch einem Zirkusdirektor anbot. Herr Alfons Messerschmidt nahm das ungleiche exotische Paar sofort auf und beide tingeln nun schon über zwei Jahre mit dem Zirkus durch die Lande und fühlen sich pudelwohl.

Doch jetzt muss Elfriede erstmal zum Auftritt in die Manege und Leo natürlich auch. Tigi soll aber warten, denn nach ihrem Auftritt soll er Ringo kennen lernen und sie verabreden sich auf eine Apfelschorle.

Tigi ist total aus dem Häuschen und völlig aufgeregt und kann es noch immer nicht fassen, dass er seine Tante Elfriede getroffen hat. Er will sofort nachhause und seinen Kumpels und seiner Familie in der weiten Weltgeschichte per Mail mitteilen, was ihm heute passiert ist.

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