Tigi putzt die Küche – sagt er

Vollbeschrieben liegt der Einkaufszettel auf dem Tisch und das meiste hat Tigi raufgeschrieben. Gummibärchen, Buntstifte, Klebezettel, Erdbeeren, Früchtetee mit Erdbeergeschmack, Erdbeereis, Erdbeermarmelade, Erdbeerjoghurt und so geht das noch ellenlang weiter. Kann der Faulpelz denn nicht selbst einkaufen gehen? Wo steckt der denn bloß?

Da kommt er schon angepoltert. In den Vorderpfoten hält er zwei Eimer, etliche Lappen, Putzmittel, Kehrblech, Schrubber und grüne Plastikhandschuhe. Seinen Kopf hat er mit einem Südwester geschmückt, mit rot-weißen Punkten, der ihm definitiv zu groß ist und immer auf die Nase rutscht. An den Hinterpfoten trägt er Gummistiefel auch rot-weiß-gepunktet und sein gesamtes Outfit sieht drollig aus und passt zu einem Tiger kein bisschen.

„Wie siehst du denn aus, Großer, willst Du zum Fasching?“ Mein Mann lacht sich schlapp und Tigi stolpert pikiert in die Küche. „Nee, ich will nicht zum Fasching! Ich putze heute die Küche!“ „Oh je, Tigi………! Wieso das denn? Übermorgen kommt doch Tina zum Putzen. Das ist doch nix für dich! Geh doch lieber dein Fell bürsten oder schneide dir deine Krallen, aber Küche putzen – das lass mal sein!“

„Nöö“ brabbelt unser großes Felltier, „ich will mich nützlich machen und Küche putzen. Hab‘ ich noch nie gemacht, will‘s aber mal probieren. Hab mir im Internet angesehen, wie Meister Proper, der General, der weiße Riese und andere das so machen und wenn die das können, dann kann ich das schon lange! Geht mal ganz in Ruhe einkaufen und wenn ihr wiederkommt, dann bin ich fertig und alles glänzt wie verrückt! Kuck mal, ich bin so schön groß und komme problemlos ganz oben an den Schrank ran, brauche nicht mal eine Leiter! Nun macht schon, schwirrt ab und wenn ihr zurückkommt, dann glänzt die Küche pikobello! Und außerdem will ich mir nicht immer nachsagen lassen, dass ich der faulste Tiger bin, den ihr kennt! Zwar bin ich der einzige Tiger, den ihr kennt – aber trotzdem! Vergesst bloß die Einkäufe nicht……“

Ob Tigi wohl krank ist? Hausarbeit ist doch sonst nichts für ihn, darum drückt er sich doch vom Allerfeinsten. Nicht mal zum Müll wegbringen ist er zu gebrauchen. Und nun das – Küche putzen. Der hat doch was, der Bursche…!

Auf dem Parkplatz vor unserem Auto treffen wir Gerda, die Taube, Emil und Karl, die Nilkrokodile und die beiden Mäuse Irmgard und Egon. Alle diskutieren aufgeregt miteinander, weil Tigi sie abgewimmelt und allesamt rausgeschmissen hat. Auch sie machen sich ernsthafte Gedanken um ihren vegetarischen Freund, der doch sonst keinen Handschlag zu viel macht und lieber faul in der Hängematte liegt, als sich nützlich zu machen.

Irmgard hatte mal einen Bruder, erzählt sie, bei dem hätte es auch so angefangen und dann hat er nicht mehr lange gemacht. Das Aufräumen und Abstauben der Nussvorräte war nicht so sein Ding – eigentlich nur das Essen der Schalenfrüchte.

Gerda ist auch sehr beunruhigt und will am liebsten einen Tierarzt anrufen, der mal nach Tigi schaut bzw. den Notarzt, der ihn in die Tierklinik bringen soll.

„Nun macht aber mal nen Punkt – tickt ihr alle nicht mehr richtig?“ sagt mein Mann. „Wir fahren jetzt einkaufen und ihr verfatzt euch, macht nen schönen Ausflug, spielt Kriegezeck oder Verstecken und lasst Tigi einfach in Ruhe! Also bis später!“

Auf dem Weg zum Supermarkt schweigen wir uns an und beim Einkaufen kann ich mich gar nicht so richtig konzentrieren. Immer denke ich an Tigi und an das, was uns vielleicht nachher zuhause erwartet. Hoffentlich stellt er nix an und macht keine Dussligkeiten – schließlich ist ihm alles zuzutrauen! Ob es sich überhaupt noch lohnt, Buntstifte und Gummibärchen für ihn zu kaufen? Ach nee, so richtig wohl ist mir nicht in meiner Haut und auch mein Mann blickt nicht gerade fröhlich aus der Wäsche und er zuckt richtig zusammen, als sein Handy klingelt.

„Ja, wir sind dann gleich da. Okay, Sie warten auf uns – wir beeilen uns auch! Komm, wir müssen rasch nachhause, dort werden wir erwartet!“ Was ist denn los? Ist was passiert?

Vor lauter Lachen kann mein Mann kaum erzählen und unter lautem Prusten berichtet er von dem Anruf. Also Tigi hat an einem Internet-Preisausschreiben, das für Hausfrauen gedacht ist, teilgenommen und den Trostpreis gewonnen. Und der lautet: Eine regionale Reinigungsfirma putzt zwei Stunden kostenlos ihre Wohnung!

Schon in der Einfahrt zu unserem Haus stehen jede Menge Autos, auch Übertragungswagen der regionalen Sender haben Stellung bezogen. Vor der Haustür steht Tigi und posiert für die Journalisten, gibt den Vertretern der hiesigen Zeitungen Interviews, lässt Fotos von sich schießen, steht ganz im Rampenlicht und ist voll in seinem Element. Das Putzteam der Firma Saubermann & Co. hat Mühe, sich auch ins Licht zu rücken. So ziemlich alle Kumpels von Tigi sind ebenfalls anwesend, selbst die Maulwurf -Familie Grabowski, Freddy der Hund aus der Nachbarschaft, Ziege Irene und Hermann der Frosch, die beiden Zugereisten aus Griechenland.

Unser Tigi genießt es mal wieder, im Mittelpunkt zu stehen, sich im Blitzlichtgewitter zu aalen! Als er meinen Mann erblickt springt er unvermittelt auf ihn zu, umarmt ihn ungestüm und winkt den Kameramann heran: „Mach mal Bilder von mir und meinem besten Freund der Welt!“ und dabei grinst er über alle Backen – mein Mann übrigens auch!

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