Das Bücherregal

Weihnachten 2013

Soll ich reimen oder ein paar ungereimte Zeilen verfassen? Das fragte ich mich oft in den vergangenen Wochen und Tagen. Eigentlich fehlt mir die Zeit zum Reimen. Eigentlich fehlen mir jeden Dienstag drei Stunden. Warum? Nun ja, sonst hat immer Emma an diesen drei Stunden herumgewuselt und ich konnte mich entweder auf der Terrasse aufhalten oder still am Tisch oder im Sessel sitzen und schreiben, lesen, Rätsel raten oder ähnliches machen. Nun gibt es aber diese wöchentliche Auszeit nicht mehr. Jetzt sitze ich zwar auch noch ab und zu rum, aber irgendwie bin ich trotzdem immer dabei, hier und da mal rasch was zu putzen. Emma fehlt, aber so doll auch wieder nicht.

Also was nun – Gedicht oder nicht?
Unentschlossen knöpfe ich mir erstmal unsere Bücherwand vor. Räume alle Bücher raus, wische sie Staub, sortiere sie. Also nicht nach dem Alphabet und nicht nach der Farbe des Einbandes, auch nicht nach groß oder klein, sondern nach Thematik. Jedenfalls versuche ich das. Da steht nun alles was mit Schiff und Seefahrt, Wasser und Wind zu tun hat. Im nächsten Fach sind die alten Meister anzutreffen, darunter Atlanten und Bücher über Alaska, Amerika, China und weiß der Geier was sonst dabei ist. Gesangbuch der bremisch-lutherischen Kirche, Die Bibel, der Koran, der große Brockhaus mit zwölf Bänden steht einträchtig neben etlichen Büchern, die die deutsche Geschichte zum Thema haben.

So richtig Spaß macht das Bücherabstauben und -sortieren nicht, auch wenn es hinterher so schön ordentlich aussieht. Aber irgendwann muss man so was machen und warum nicht heute. Heute tobt draußen sowieso der Sturm namens Xaver, der an der Küste ein Orkan ist und dort schon den zweiten Tag sein Unwesen treibt.

Zwischendurch mache ich Pause bei einer schönen Tasse Tee und schau mir unsere Belletristik intensiver an und merke, dass es noch immer Bücher gibt, an deren Inhalt ich mich noch ganz genau erinnere. Da ist zum Beispiel Gwen Bristow mit der Kalifornischen Sinfonie, ein unvergesslicher Roman über europäische Auswanderer, die um Neunzehnhundert herum nach San Francisco kamen und ihr Glück suchten. Frank Schätzings Unbehagen verursachender Umweltroman Der Schwarm über die Verseuchung der Meere, da steht der Medicus von Noah Gordon, der mittelalterliches Leben und Heilkünste offenbart. Und natürlich Thomas Mann und seine Buddenbrooks, die ich mit sechzehn Jahren gelesen habe und ich wollte so schreiben können wie der große Meister. Siegfried Lenz, Harald Juhnke, Gertrud Höhler, Heinz Buschkowsky, Walter Momper, Ulrich Wickert und und und! Stundenlang könnte ich blättern und lesen. Dann sind da die vielen kleinen Lektüren, die mir Mama Helene geschenkt hat. Kleine Nachtlektüre für einen Zwilling, Weihnachten mit einem Zwilling, Berühmte Zwillinge und ihre Erfolge, Das Geburtstagsbuch für einen Zwilling, Ein kleines Dankeschön für….. und so weiter und so weiter.

Stundenlang könnte ich in diesen vielen Büchern mit hohem Erinnerungswert stöbern, aber wenn ich mich so umblicke, dann wäre Weitermachen nicht schlecht.

Draußen ist es mittlerweile dunkel und heute strahlt auch kein Adventskranz. Den haben wir wegen des Sturmes abgenommen, wir hatten Angst, er fliegt weg. Mein Tee ist auch alle und die Zeit ist viel zu schnell vergangen. Aber so ist das, wenn man in Vergangenheit und Lektüre versinkt, dann vergisst man schon mal Zeit und Raum. Nun ist mir noch was klar geworden: Warum habe ich mir eigentlich neulich ein Kindl gewünscht, wo doch hier soviel Schönes steht mit soviel Leben und Geschichte, soviel Spannung und Heiterkeit, Humoriges und Ernstes, was zum Lachen, was zum Weinen … und alles mit ganz eigenem Geruch, dem auch die Jahre nichts anhaben konnte.

Dezember 2013

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